Hans-Jörg hat gerade gemeinsam mit seinem Bruder Peter und seiner Schwester Elfriede deren Elternhaus in Völs geerbt. Im Zuge dessen wollen nun beide den Wert dieser Liegenschaft ermitteln lassen. Beim Stöbern im Internet sind Sie darauf gestoßen, dass so genannte Kurzgutachten angeboten werden. Diese sind billiger als das von Ihrem Rechtsbeistand vorgeschlagene Vollgutachten. Die Drei möchten nun wissen, für was Sie sich entscheiden sollten?

So wie diesem Trio ergeht es vielen Familien. Darum wollen wir Ihnen in diesem Beitrag erklären, welche Unterschiede es zwischen einem Kurzgutachten und einem Vollgutachten gibt und wo deren vorrangige Einsatzbereiche liegen. Denn die Wahl der falschen Form des Gutachtens kann später durchaus auch teure Folgen haben.

Vollgutachten vs. Kurzgutachten – Die Unterschiede im Überblick

Kurzgutachten und Vollgutachten sind von unterschiedlichem Umfang und dienen auch verschiedenen Zwecken. Worin liegen nun die Unterscheide bei diesen beiden Gutachten? Dies erfahren Sie gleich nachfolgend.

Das Vollgutachten – Was ist das?

Ein Vollgutachten beinhaltet detaillierte Angaben zu allen notwendigen Aspekten rund um ein Grundstück oder Objekt. Das reicht von Grundbuchauszügen, über spezielle Besonderheiten (Wohnrechte, Denkmalschutz etc.) bis hin zu topografischen Angaben oder Informationen zur Mikro- oder Makrolage. Das Vollgutachten ist rechtlich verwertbar, denn es wird von einem gerichtlich zertifizierten Sachverständigen (kurz Gerichtssachverständiger) nach vorgeschriebenen Richtlinien erstellt. Ein solches Gutachten unterliegt dem Liegenschaftsbewertungsgesetz (LGB) und muss dessen Anforderungen entsprechen. Es muss nachvollziehbar sein (sowohl für den Empfänger des Gutachtens als auch andere Laien) und es muss überprüfbar sein (beispielsweise durch andere Sachverständige oder Laien).

Mehr zum Thema Sachverständiger erfahren Sie hier: Immobilien-Bewertung: Wer darf diese durchführen?

Das Kurzgutachten – Was ist das?

Ein Kurzgutachten erfolgt zwar nach den gängigen Verfahren zur Immobilienwert-Berechnung (z.B. Vergleichswert-Verfahren, Ertragswert-Verfahren, Sachwert-Verfahren), ist aber weniger detailliert ausgeführt und merkbar vereinfacht im Vergleich zu einem rechtswirksamen Vollgutachten. Denn hierfür werden beispielsweise bestimmte Unterlagen und Dokumente nicht herangezogen, die bei einem Vollgutachten notwendig sind. Auch muss es nicht von einem zertifizierten Sachverständigen erstellt werden. Ein solches Kurzgutachten hat deshalb im Gegensatz zu einem Vollgutachten keinen Bestand vor Gericht. Es dient aber einer gewissen Markteinschätzung für die bewertete Immobilie.

Gerichtssachverständiger erstellt kein Kurzgutachten!

Beachten Sie: Die Erstellung eines Kurzgutachtens durch einen Gerichtssachverständigen ist im Übrigen gemäß dem Landesverband Tirol und Vorarlberg für Gerichtssachverständige und der Liegenschaftsbewertungs-ÖNORM nicht zulässig.

Kurzgutachten und Vollgutachten: Wo machen diese Sinn und wo nicht?

Das kommt ganz auf den Zweck an. Für private Anliegen kann ein Kurzgutachten durchaus ausreichend sein. Sprich Sie wollen im Zuge eines Immobilienverkaufes den groben Wert der eigenen Immobilie wissen. Ein Kurzgutachten dient hierbei als Marktpreis-Einschätzung. Der damit ermittelte Wert hilft Ihnen einen passenden Angebotspreis für Ihre Liegenschaft zu finden und/oder den Verkaufspreis Ihrer Immobilie vor potenziellen Interessenten belegbar zu rechtfertigen.

Bei allen juristischen Angelegenheiten oder wenn staatliche Behörden involviert sind, wie beispielsweise im Zuge von Scheidungen, bei Erbschafts-Streitigkeiten oder bei Zwangsversteigerungen, ist es nicht nur sinnvoll, sondern auch zwingend notwendig auf ein von einem Sachverständigen erstelltes Vollgutachten zurückzugreifen. Denn dies hat wie zuvor erwähnt einen offiziellen und rechtswirksamen Charakter.

Aber nicht nur bei rechtlichen Querelen macht ein Vollgutachten Sinn. Auch bei einem zunächst friedfertigen Erbe, bei Schenkungen oder Auszahlungen. Denn mit einem rechtswirksamen Gutachten haben Sie immer ein offizielles Dokument über den Wert der Immobilie zur Hand, das Sie später vor möglichen juristischen Problemen oder Nachzahlungen bewahrt.

Ein Kurzgutachten ist sinnvoll bei…

  • der Wertermittlung für private Zwecke (Immobilienkauf oder Verkauf etc.)

Ein Vollgutachten ist sinnvoll bei…

  • bei offiziellen Anlassfällen und/oder Rechtsstreitigkeiten (Scheidung, Erbaufteilung, Zwangsversteigerungen etc.)


Um noch einmal auf das einleitende Beispiel zurückzukommen:
Hans-Jörg und seine Geschwister wären dem Familienfrieden zuliebe also gut beraten auf ein Vollgutachten zurückzugreifen. Damit erhalten nämlich alle Beteiligten ein rechtswirksames Gutachten über den Wert der Liegenschaft, welches etwaige Auszahlungen erleichtert und auch in späteren Jahren keine Fragen über eine unzureichende oder falsche Wertermittlung zulässt.

Sie haben weitere Fragen rund um das Thema Gutachten oder Immobilienbewertung?

Wenn Sie weiterführende Fragen zum Thema Immobilienbewertung, Gutachten-Erstellung oder meiner Arbeit als zertifiziertem Sachverständigen für Immobilien haben, dann kontaktieren Sie mich oder mein Experten-Team. Sie erreichen uns jederzeit via Telefon (+ 43 512 580 242), via E-Mail (immobilien@arealita.at) oder über unser Kontaktformular (hier klicken).

Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Mag. Bernhard Großruck

Fotos: © Freedomz – stock.adobe.com

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