Sie besitzen ein kleines Hotel. Im kommenden Jahr gehen Sie in Pension und sorgen sich um die Zukunft. Ihr einziger Sohn hat sich gegen ein Leben in der Hotellerie entschieden. Was soll nun mit Ihrem Lebenswerk geschehen? Sie werden es wohl verkaufen müssen…
Was ist Ihre Gewerbeimmobilie wohl wert und wie berechnet sich der Wert? Wie läuft das konkret ab? Braucht man dafür professionelle Hilfe? Fragen über Fragen – Beantworten können Sie sich aber davon keine.
Aus meiner langjährigen Erfahrung als Immobilienmakler weiß ich, dass beim Gewerbeimmobilienverkauf der Begriff “Gewerbeimmobilienbewertung” zu Verwirrung führt. Die meisten meiner Klienten wissen nicht, wie eine Gewerbeimmobilie zu bewerten ist und was zu beachten ist. Die Eigenrecherche führt dann häufig zu gefährlichem Halbwissen, das dazu führen kann, dass Sie Ihre Immobilie unter Wert verkaufen.
Mit diesem Blogbeitrag möchte ich Ihnen die Gewerbeimmobilienbewertung näherbringen. Nach dem Lesen dieses Beitrags werden Sie wissen, welche Bewertungsverfahren es gibt, wer diese Bewertung durchführen darf und wie diese konkret abläuft.
Gewerbeimmobilien bewerten: Die wichtigsten Verfahren
Ertragswertverfahren
Charakteristikum einer Gewerbeimmobilie ist, dass sie für eine gewerbliche Nutzung vorgesehen ist. Es sollen Erträge erzielt werden, daher wird bei der Bewertung der Ertragswert berechnet.
Beim Ertragswertverfahren (§ 5 LBG) liegt das Hauptaugenmerk nicht auf den materiellen Wert der Immobilie, sondern ausschlaggebend, ist wieviel Gewinn die Immobilie erzielt. Daher wird dieses Verfahren nur bei Immobilien angewendet, die Erträge erzielen, also bei langfristig vermieteten Gewerbeimmobilien (z.B.: Managementimmobilien, wie Ärztezentren, Supermärkte u.ä.)
Für die Berechnung des Ertragswert benötigt man folgende Werte:
- Rohertrag (=Summe aller Einnahmen, zumeist die Summe der Nettomieten)
- Bewirtschaftungskosten (= Instandhaltungskosten, Verwaltungskosten, etc.)
- Liegenschaftszins (=marktübliche Verzinsung einer Liegenschaft)
- Bodenwert (= Verkehrswert des unbebauten Grundstückes)
Sehen wir uns einmal die Formel des vereinfachten Ertragswertverfahrens an:
EW = (RoE – BWK) * V + BW / qn
Ich glaube an diesem Punkt wird schnell klar, dass es sich hier um kein einfaches Rechenbeispiel handelt, sondern Fachwissen benötigt. Die Erklärung der einzelnen Variablen und deren Berechnung würde den Rahmen dieses Blogbeitrags sprengen und ich denke es würde mehr Verwirrung bei Ihnen stiften als Aufklärung.
Daher mein Tipp: Möchten Sie Ihre Gewerbeimmobilie exakt bewerten, empfehle ich Ihnen einen Fachmann zu Rate zu ziehen. Er ist mit den einzelnen Werten vertraut und weiß, wie diese zu berechnen sind.
Sach- und Vergleichswertverfahren
Achtung bei leerstehenden Gewerbeimmobilien oder unbebauten, unvermieteten Grundstücken:
Hier kommt das Ertragswertverfahren nicht zur Anwendung. In diesen Fällen gibt es 2 andere Bewertungsverfahren:
Sachwertverfahren (§ 6 LBG)
Mit diesem Verfahren können Sie den Wert von bebauten Grundstücken ermitteln. Hier steht bei der Bewertung folgende Frage im Vordergrund: Wie viel würde es kosten eine bestehende Immobilie im jetzigen Zeitpunkt neu zu errichten. Der Sachwert der Immobilie ergibt sich aus Bodenwert und Gebäudesachwert (Bauwert samt Baunebenkosten)
Vergleichswertverfahren (§ 4 LBG)
Beim Vergleichswertverfahren wird ein Vergleichswert berechnet. Der Vergleichswert basiert auf den Kaufpreis, die durch den Verkauf einer ähnlichen Immobilie verwirklicht wurde. Dieses Verfahren kommt vor allem bei unbebauten Grundstücken zur Anwendung. Möchte man Grund und Boden allein bewerten, eignet sich nämlich weder das Sachwert- noch das Ertragswertverfahren, denn hierbei erfolgt immer eine separate Bewertung von Boden- und Gebäudewerten.
Gibt es Faktoren, die bei den jeweiligen Verfahren den Wert einer Gewerbeimmobilie mindern oder erhöhen?
Ja, folgende Umstände fließen in die Bewertung mit ein:
- Standort der Gewerbeimmobilie
- Innere Erschließung (z.B.: Anschluss an Straßenverkehrsnetz)
- wirtschaftliche Umgebungssituation (z.B.: Erreichbarkeit für Dienstnehmer, Arbeitsmarkt uvm.)
- Drittverwendungsfähigkeit (Kann Ihre Gewerbeimmobilie ohne große Veränderung direkt von jemand anderen benutzt werden?)
- Wertmindernde Faktoren, wie Baumängel und Bauschäden, Mietbindungen, etc.
Gewerbeimmobilien bewerten: Ablauf der Bewertung
Bevor wir uns mit dem Ablauf der Bewertung beschäftigen, müssen wir zunächst klären, wer eine Gewerbeimmobilien bewerten darf. Die einfache Antwort: Allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige im Fachgebiet der Bewertung gewerblich und industriell genutzter Liegenschaften (sog. Gerichtssachverständige für Immobilien). Wie Sie diese Qualifikation prüfen? Gerichtsachverständige müssen in die Liste der Gerichtssachverständigen im Fachgebiet der Bewertung gewerblich und industriell genutzter Liegenschaften beim Justizministerium eingetragen sein. Für das Bundesland Tirol finden Sie diese hier: http://www.rgb.at/sv/fg.cfm
Sobald Sie einen Sachverständigen beauftragt haben, erfolgt die Bewertung in 6 Schritten
Schritt #1 : Einholen der nötigen Unterlagen
- Grundbuchsauszug
- Abfrage im Tiroler Raumordnungsgesetz (Grundstücksform, Luftbild, Umweltgefahren,…)
- Erhebung des Baubescheids und ggf. der Betriebsanlagengenehmigung
Schritt #2: Bautechnische Befundaufnahme (Ermittlung der Nutzfläche, Kubatur, Baumängel und Bauschäden,…)
Schritt #3: Erstellung des Befunds auf Basis der Unterlagen
Schritt #4: Besichtigung der Immobilie
Schritt #5: Die Wahl des passenden Verfahrens (Ertrags-, Sach- oder Vergleichswertverfahren)
Schritt #6: Erstellung des Gutachtens
Wie lange es dauert so ein Gutachten zu erstellen? In der Regel können Sie mit 4 Wochen rechnen. Voraussetzung hierfür ist, dass alle notwendige Unterlagen verfügbar sind und es hierdurch zu keinen Verzögerungen kommt.
Tipp: Überlassen Sie die Bewertung Ihrer Gewerbeimmobilie zur Sicherheit dem Fachmann!
Als Immobilienmakler in Innsbruck weiß ich, dass Sie viele Dinge rundum Immobilien auch ohne Fachmann erledigen können. Beim Bewerten von Gewerbeimmobilien rate ich Ihnen Alleingänge dringend ab! Dabei fließen so viele Faktoren ein, die Sie als Laie kaum berücksichtigen werden. Können Sie eine Prognose aufstellen, wie sich Ihre Einnahmen in Zukunft entwickeln werden? Kennen Sie Liegenschaftszins und Bodenwert? Können Sie obige Formel des Ertragsverfahren ohne weiteres Lösen?
Viele dieser Antworten werden Sie, wenn Sie ehrlich sind, nicht beantworten können. Daher die einfache Lösung: Beauftragen Sie einen erfahren Immobiliensachverständigen mit der Ermittlung Ihres Immobilienwerts.
Mit seinem Fachwissen kann er einen realistischen Ertragswert ermitteln. Ein positiver Nebeneffekt: Er erledigt für Sie notwendige alle Amts- und Behördenwege zur Erstellung Ihres Gutachtens.
Sie möchten die Bewertung Ihrer Gewerbeimmobilie in erfahrene Hände legen? Sie können uns gerne kontaktieren und wir vereinbaren und einen Termin für eine kostenlose und unverbindliche Erstberatung.
Sie erreichen uns via E-Mail (immobilien@arealita.at), via Telefon (+ 43 512 580 242) oder via Kontaktformular (hier klicken!).
Mit freundlichen Grüßen,
Mag. Bernhard Großruck
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